8: Ekaro, Europa, Einsamkeit

In dieser Episode: Über Europäische Solidarität in der Corona-Krise, Viktor Orbáns kritisches Notstandsgesetz und die Asylsuchenden in Europas Aufnahmelagern. Im Interview: Alexandra Brzozowski, Europa-Expertin und Journalistin bei EURACTIV.

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Hallo liebe Freunde des Frühlings

Ennoying gibt es jetzt mit bunten Farben und vielen schweren Themen. Wir sprechen über den Zustand der Europäischen Union im Angesicht von Covid-19. Es tut sich viel und auch bei Ennoying tut sich viel. Der Prozess für diese Folge wurde etwas geändert. Wichtige Elemente, so habe ich entschieden, werde ich nun vorschreiben und ablesen, damit ich auch wirklich alles drin habe. Das hat viele Vorteile. Zum einen gibt es besser strukturierte Beiträge im Podcast, die dann auch direkt hier im Blog gepostet werden. Zum anderen kann ich so entspannter sprechen und blöde Witze um die ernsten Beiträge herum machen. Win Win Win.

Interview: Alexandra Brzozowski

Alexandra arbeitet für das europaweite Mediennetzwerk EURACTIV in Brüssel. Sie berichtet dort hauptsächlich über Außen- und Verteidigungspolitik. In letzter Zeit gehört aber auch Gesundheitspolitik dazu, Corona sei dank. Für Ennoying hat sich Alexandra Zeit genommen, um europäische Maßnahmen zu erklären. Besonders spannende finde ich ihre Sicht auf die europäische Solidarität und das ungarische Notstandsgesetz.

Alexandra Brzozowski.

Corona und die EU

Corona macht die Deutschen ganz schön fertig. Menschen müssen viel mehr arbeiten, haben gar keine Arbeit mehr oder wissen nicht, wie sie ihr Leben in den kommenden Monaten anpassen sollen. Das ist stressig, unangenehm und für einige auch richtig beschissen. Dazu kommen heftige Einschränkungen durch die freiheitsnehmenden Maßnahmen der Regierung. Das ist ganz schön viel auf einmal und das kam alles ganz schön schnell. Aber Deutschland ist nicht alleine auf der Welt. Und in Deutschland geht es uns mit Corona noch vergleichsweise gut. Schon andere EU-Staaten, beispielsweise Italien oder Spanien, haben viel größere Probleme mit Corona.

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Ich möchte mir heute deshalb anschauen, wie es in der EU mit Corona aussieht. Kernfrage ist, wie die EU in diesen Tagen zusammenarbeitet und wie es mit ihren Werten aussieht. Dazu habe ich mir drei Themenblöcke ins Auge gefasst. Wir reden über die europäische Solidarität, über Corona und autoritäre Politik sowie das, was an und in Europas Grenzen passiert.

Die innere Solidarität der EU

Wie unterstützen sich die Mitgliedstaaten untereinander und welche finanziellen Pläne gibt es?

Aktuell sieht es so aus wie wir es auch schon aus vergangenen Krisen in der EU kennen. Die Staaten mit weniger Geld brauchen Hilfe, die Staaten mit mehr Geld tun sich dabei schwer. Es ist nichts neues, dass diese einen großen Teil der EU Politik ausmachen. Ist ja auch logisch bei einem Staatenverbund mit 27 teils sehr unterschiedlichen Ländern.

Nun kommt in der Corona-Krise aber ein großer Punkt dazu. Es geht nicht mehr nur um wirtschaftliche Stabilität, es geht um Menschenleben. Es geht um Nothilfe im Bereich der Gesundheitsversorgung. Wie helfen sich die Staaten der EU hier gegenseitig? Wie funktioniert die europäische Solidarität?

Auf dem Tisch sind einige Dinge. Euro-Bonds, also kurz gesagt gemeinsame EU-Schulden – ein System, das es so nie gab und das viel diskutiert wird. Italiens Conte möchte Sie, viele Mitgliedsstaaten auch. Deutschland und die Niederlande möchten sie nicht. Frau Von Der Leyen wirbt für das Konzept “SURE” mit dem 100 Mrd. in die Finanzierung von Kurzarbeit gesteckt wird. Der deutsche Finanzminister Scholz schlägt ein Drei-Säulen-Modell vor (Details bei Zeit Online). Am kommenden Dienstag sollen die Finanzminister der EU Staaten dazu beraten. Vorschläge und Ideen gibt es bereits einige.

Heiko Maas bewirbt die deutsche Europahilfe. In den Kommentaren geht es ab. (Instagram)

Und auch ohne EU Strukturen gibt es Hilfe untereinander. Beispielsweise wenn Deutschland Patienten aus dem Ausland aufnimmt oder Ärzte nach Spanien und Italien schickt. “Wo noch Plätze Frei sind, müssen wir helfen” sagt Außenminister Heiko Maas. In den Kommentaren sieht es da gemischt aus, viele Menschen sehen das eher nicht so gut, wollen, dass wir unsere Ressourcen in Deutschland behalten. Viele Stimmen äußern sich allerdings auch positiv. Es ist erschreckend, wie schnell Corona uns wieder in die festen nationalen Strukturen reinpresst, obwohl es uns hier so gut geht.

Das Autoritäre in der EU

Was passiert in Ungarn, wo Viktor Orbán nur per Dekret regieren kann und wie regiert die EU?

Der ungarische Parlament hat am Montag dem 30. März umfassende Sondervollmachten an den eigenen Ministerpräsidenten ausgestellt, per Notstandsgesetz. Heißt, er kann mit Anordnung und ohne Gesetze regieren. Aktuell können Menschen, die Falschnachrichten über die Corona-Krise – wie auch immer man das bestimmen möchte – verbreiten fünf Jahre haft bekommen. Dasselbe gilt für solche, die sich Anordnungen wegen der Krise wiedersetzten. Das ist deutlich über all dem, was in anderen EU Ländern an Einschränkungen und Machtzentralisierung passiert. Dazu muss man sagen, dass Orban sowieso eine bequeme Zweidrittelmehrheit im Parlament hat und die Medien auch ziemlich strengt kontrolliert. Was dort passiert ist seit langem ziemlich scheiße.

Das wird selbstverständlich von Journalisten und einer großen Menge europäischer Politikerinnen kritisiert. Keine Frage. Aber das ändert ja erstmal nichts. Ungarn ist allerdings in der EU und so muss sich auch die EU dazu verhalten. Die EU Kommisionspräsidentin Ursula von der Leyen hat erst zögerlich Position ergriffen. Aktuell ist sie “besorgt über die Situation in Ungarn” und fordert Angemessenheit und regelmäßige Überprüfung der Notwendigkeit. Wer soll das in Ungarn prüfen können frage ich mich da.

Sogar in der konservativen Europäischen Volkspartei im europäischen Parlament, bei dem unter anderem die CDU, die österreichische ÖVP und eben auch Orbans Fidesz ist man sich hier nicht mehr einig. Denn 13 der über 80 Mitgliedsparteien einen Rauswurf von Orbáns Partei. Von der Leyens CDU ist nicht dabei.

Ich finde das ziemlich besorgniserregend, weil wir eben jetzt, wo es so starke staatliche Maßnahmen gibt, starke Demokratien und Gewaltenteilungen brauchen, die sich prüfen können.

Die Außengrenze der EU

Wie geht es Asylsuchenden, die in den griechischen Lagern verharren?

Das Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist immer wieder Beispiel. Hier leben rund 20.000 Menschen auf sehr engem Raum mit extrem schlechten sanitären Anlagen. Die Corona-Hygienevorschriften sind schlicht nicht einzuhalten, wo Wasser fehlt und 100 Menschen auf dieselbe Toilette gehen. Wenn Covid-19 dort ausbricht, werden Menschen sterben. Das ist bekannt. Deutschland möchte nun 1.500 Kinder aufnehmen, eine EU-weite Lösung gibt es immer noch nicht.

Der Journalist und Geschäftsführer der Hilfsorganisationen “Wadi e.V.” Thomas von der Osten-Sacken berichtet u.a. auf Facebook regelmäßig von der Situation der Asylsuchenden in Griechenland. Schaut es euch mal an. In einem aktuellen Interview mit der luxemburgischen Wochenzeiten woxx unterstellt er der EU ein “gnadenloses Versagen”, beschreibt das Camp Moria als ein “Höllenloch” und hofft auf eine Evakuierung, zumindest den Armen und und Kranken im Lager.

Wer hier etwas helfen möchte, kann dies natürlich mit Aufmerksamkeit, aber auch ganz einfach mit Geld tun. Die Organisation “stand by me lesvos” leistet viel gute Arbeit in diesem Bereich und ist auf Spenden angewiesen.

Spendet hier.

Macht euch keine Sorge, wenns euch in Deutschland vor Corona gut geht, wird das auch nach Corona sein. Macht die Geldbörsen auf!

Ciao

Das war es für diese Woche mit Ennoying. Wie immer gilt: haltet die Ohren steif und die Arme beim Schlafen über der Bettdecke. Ich freue mich auf euer Feedback. Gern per Mail oder auf den sozialen Netzwerken.

Debatte: was macht die EU aktuell falsch, was macht sie richtig? Sollte Deutschland mehr im Ausland helfen oder nicht? Warum? Was ist eure Meinung? Schickt mir eure Beitrage auf den sozialen Medien – @ennoyingpodcast – oder an hallo@ennoying.de per Mail.

Ennoying findet ihr auf Facebook und Instagram. Lasst ein Däumchen da und sagt es euren Eltern.

Bis nächstes Wochmal, Enno.